Es kam, verschwand und ist wieder da: die Historie des E-Autos

Dem Elektrofahrzeug gehört die Zukunft – eine These, die derzeit heiß diskutiert wird. Dabei ist die Idee vom Elektroantrieb im Automobil gar nicht so neu, wie es uns die Aktualität des Themas zu suggerieren versucht. Bereits vor 180 Jahren wurde das erste elektrisch angetriebene Fahrzeug der Welt konzipiert – auch wenn es sich dabei nur um eine Modelllok handelte. Wir werfen einen Blick zurück in die Geschichte der E-Mobilität.

09. Juni 2017
Es kam, verschwand und ist wieder da: die Historie des E-Autos

Von der Modellok zum Schienenfahrzeug

Der amerikanische Erfinder Thomas Davenport hat eine Idee: Er will einen Elektromotor bauen. Also erwirbt er einen Elektromagneten des Physikers Joseph Henry und entwickelt daraus einen Elektromotor, mit dessen Hilfe er eine Modelllok über einen Schienenkreis von einem Meter Durchmesser antreibt– das erste elektronisch betriebene Fahrzeug dreht seine Runden.

Weitere 16 Jahre dauert es, bis das erste große Schienenfahrzeug durch einen Elektroantrieb in Bewegung gesetzt wird. Dank eines staatlichen Zuschusses von 20.000 Dollar konstruiert der US-Amerikaner Charles Grafton Page ein Fahrzeug, das durch zwei 20 PS-Elektromotoren angetrieben wird. Im April 1851 rollt die Lok mit gemütlichen 31 km/h in der Spitze über die Schienen.

Das erste Elektroauto kommt aus Deutschland

„Trouvé Tricycle“ heißt das erste offiziell anerkannte Elektrofahrzeug, das der Franzose Gustave Trouvé 1881 auf der Elektrizitätsmesse in Paris präsentiert. Das Besondere: Trouvé verwendet wiederaufladbare Blei-Akkus, die der französische Physiker Gaston Plante bereits 1859 erfunden hatte. Als erstes Elektroauto der Welt geht das dreirädrige Fahrrad, mit einer Reichweite von 14 bis 26 Kilometern und 12 km/h Maximalgeschwindigkeit, indes nicht durch.

Das folgt sieben Jahre später mit dem Elektrowagen der Maschinenfabrik Flocken und kommt – wie sollte es anders sein – aus Deutschland. Der hochrädrige Kutschwagen ist mit einem Elektromotor ausgestattet, dessen 0,7 kW über Lederriemen auf die Hinterachse übertragen werden. Auch wenn es für den vermutlich ersten elektronisch angetriebenen Personenkraftwagen nicht zum Massenprodukt reicht, erscheint er in den Folgejahren in drei verschiedenen Ausführungen.

„La Jamais Contente“: Viel Power aus dem E-Motor

Mehr Popularität verschafft sich der Amerikaner William Morrison: Sein Elektro-Fahrzeug in Form einer Kutsche verfügt über 2,5 PS, die notwendige Energie kommt aus acht Batterien unter den Sitzen. Morrisons E-Mobil erreicht schlanke 12 km/h. Ein Wert, der bei Camille Jenatz nur ein müdes Lächeln hervorruft: Sein torpedoartiger Elektro-Rennwagen „La Jamais Contente“ kommt für die damalige Zeit auf phänomenale 100 km/h. Dafür baut der belgische Rennfahrer zwei Elektromotoren mit jeweils 25 kW elektrischer Leistung ein. Auf Sicherheit legt er nicht allzu viel Wert: Nur mit Lenkstock, Fußhebel und Handbremse ausgestattet, ist die Fahrt mit dem futuristischen Rennwagen ein waghalsiges Vergnügen.

Benziner vs. Elektroantrieb: das schnelle Ende einer Ära

Das Jahr 1911 läutet das vorzeitige Ende der Elektrofahrzeug-Ära ein: Der Ingenieur Charels F. Kettering erfindet den elektrischen Anlasser für den Ottomotor – das aufwendige Ankurbeln wird ersetzt. Der entscheidende Vorteil: die deutlich höhere Reichweite gegenüber den E-Motoren. In den folgenden Jahren sprießen die Tankstellen aus der Erde, der Ölpreis sinkt auf Tiefstwerte. Der Siegeszug des Verbrennermotors zieht unaufhaltsam voran und führt zu einem massiven Rückgang der E-Autos, dessen Produktion um 1920 beinahe eingestellt wird.

In den folgenden Jahrzehnten fristet das Elektromobil ein Nischendasein im Nahverkehr. So setzen beispielsweise die sogenannten milk floats, kleine Lieferwagen für die tägliche Anlieferung von Milch in Großbritannien und den USA, auf den Elektroantrieb. In Amsterdam werden 1974 beim ersten Car-Sharing-Angebot der Welt Elektroautos eingesetzt.

Die Renaissance der Elektromobilität

Die Rückkehr der Elektromobilität wird aus der Not geboren: Die Ölkrise der 1990er Jahre und ein neues Umweltbewusstsein führen bei den großen Automobilherstellern zum Umdenken. BMW stellt 1991 mit dem E1 seinen ersten Prototypen eines Elektroautos auf der IAA in Frankfurt vor, General Motors, Toyota und Nissan bringen Ihre ersten Modelle in geringen Stückzahlen auf den Markt. Einer größeren Popularität steht die Gesetzgebung CARB im Wege, die zwar das stufenweise Anbieten von emissionsfreien Fahrzeugen beinhaltet, jedoch zugunsten der Verbrenner-Motoren gelockert wird.

Das Jahr 2003 markiert den Start einer neuen Elektromobil-Epoche: Die ersten Automobilhersteller beginnen mit der Produktion von elektrobetriebenen Serienfahrzeugen. Pionierarbeit leistet vor allem das Unternehmen Tesla Motors, das 2006 mit dem Roadster einen Sportwagen mit bis zu 350 Kilometer Reichweite auf den Markt bringt. Andere Hersteller tuen es ihnen gleich und produzieren Hybridfahrzeuge sowie Elektroautos mit stetig steigenden Reichweiten.

Das Elektroauto ist Gegenwart und Zukunft

Die Popularität der Elektromobilität befindet sich gegenwärtig auf seinem vorläufigen Höhepunkt: Reichweitenerhöhung, ein größeres Angebot an Tankpunkten und ein steigendes Bewusstsein für Nachhaltigkeit führen zu höheren Verkaufszahlen. Während es abzuwarten bleibt, wie der technische Fortschritt den Automarkt weiter revolutionieren wird, ist eines gewiss: So schnell wie vor rund hundert Jahren, wird das Elektroauto nicht wieder von den Straßen rund um den Globus verschwinden.