Der Bollinger B1 – Schweres Gelände

Der Bollinger B1 fühlt sich erst dann richtig wohl, wenn Tesla und Co. das Handtuch werfen müssen.

07. August 2017
Der Bollinger B1 – Schweres Gelände

Elektroautos müssen dieser Tage einfach alles können: Selbst fahren, keine Emissionen erzeugen, am besten 50 Jahre lang halten und natürlich sollten sie auch noch Kaffee kochen können. Das ist zwar cool, aber macht aus einem Auto, das eigentlich nur fahren muss, ein großes, teures Spielzeug. Das Startup Bollinger aus New York will jetzt dagegen halten. Der Bollinger B1 soll genau eine Sache tun: Fahren, und zwar wo immer es gerade sein muss. Ein echter Geländewagen mit Elektroantrieb also?

Bollinger designt nicht

Kein gemütlicher Ort: Der spartanische Innenraum des Bollinger.Kein gemütlicher Ort: Der spartanische Innenraum des Bollinger.

Der Bollinger B1 fällt sofort auf. Nicht weil er besonders gut aussieht oder klingt, sondern weil er so ungestaltet ist. Sofort wird klar, dass dieses Elektroauto nicht in die Vorstadt gehört. Für Fahrten des öden Alltags ist ein [Model 3] besser geeignet. Bollinger stellt wie niemand anderes die Funktion über die Form. Auch der Innenraum ist spartanisch ausgestattet: Schwarzes Metall und Plastik erinnern tatsächlich eher an militärische Fahrzeuge, echte Rundinstrumente mit Zeiger geben die wichtigsten Daten an den Fahrer weiter. 4 Personen finden im Inneren des Bollingers Platz, aber der wirkliche Clou ist der Platz für Fracht.

Der B1 trägt alles überall hin

Schluckt so einiges: Der B1 transportiert auch lange Balken ohne Probleme.Schluckt so einiges: Der B1 transportiert auch lange Balken ohne Probleme.

Warum hat der B1 eigentlich eine Motorhaube? Ein Elektromotor braucht sowas doch nicht. Alles Lüge? Nein, denn auch wenn kein Verbrennungsmotor vor dem Fahrer mehr nötig ist, brauchen Autos immer noch Knautschzonen, um bei einem Unfall die Insassen nicht großflächig über die Straße zu verteilen. Im Falle von Bollinger wird dieser Raum aber auch noch geschickt genutzt. Die Idee mit dem „Frunk“, also einem Kofferraum vor dem Fahrer hatte Tesla ja schon vor einer Weile, aber ein Loch in der Fahrerkabine ermöglicht den Transport besonders langer dünner Gegenstände. Wer also unbedingt mit seiner arthritischen Boa Constrictor zum Tierarzt fahren muss, dem kommt der Bollinger B1 genau recht.

Für Zuverlässigkeit gebaut

Baut Bollinger endlich ein Elektroauto, das man ernst nehmen kann?Baut Bollinger endlich ein Elektroauto, das man ernst nehmen kann?

Der B1 ist so aerodynamisch wie ein Bergmassiv, die Reifen sind so breit wie das Saarland und der Wagen wiegt ungefähr so viel wie die Schweiz. Das kann für die Reichweite nichts Gutes bedeuten. Tatsächlich behauptet Bollinger, dass die große Variante mit 100 kWh im Akku ganze 320 Kilometer schafft, ohne an die Ladesäule zu müssen. Ein respektabler Wert, der vielleicht auch aus dem Verzicht auf die meisten Annehmlichkeiten resultiert. Die beiden Motoren leisten insgesamt 320 PS, was bei 640 Newtonmetern großartige Kletterpartien im Gelände verspricht. Wie gut sich der Akku bei solchen Abenteuern hält, ist aber kaum abzusehen.

Noch keine klaren Ansagen vom Hersteller

Der Preis des Bollinger B1 wird nebulös als „Kompetitiv mit herkömmlichen SUVs“ beschrieben. Was das bedeutet, muss sich noch zeigen. Eines aber zeigt der B1 jetzt schon: Das Elektroauto legt langsam sein Spielzeugimage ab und wird erwachsen. Das war höchste Zeit.