Mit dem StreetScooter gelingt der Deutschen Post ein echter Coup, der die gesamte Automobilbranche überrumpelt. Alles zum E-Transport auf fahrenmitstrom.de.
Beim Plan, einen umweltfreundlichen, aber ebenso praktischen Elektrotransporter zu entwickeln, wollte anfangs kein Automobilkonzern mitmachen. Zu wenig Absatzpotenzial sahen die meisten etablierten Hersteller. Fest entschlossen übernahm der Paketriese DHL die Entwicklung kurzerhand in Eigenregie – mit Erfolg.
Nicht zuletzt der jüngste Dieselskandal und möglicherweise folgende Fahrverbote für Altdiesel rücken Stromer immer mehr in das Interesse des Marktes. Doch während sich etablierte Konzerne weiterhin schwer tun, ein rein elektrisches Fahrzeug anzubieten, das massentauglich ist, scheint der DHL mit dem StreetScooter ein echter Coup gelungen zu sein. Die Produktion soll indes bereits auf etwa 20.000 Stück pro Jahr verdoppelt werden. Momentan sind bereits rund 3.000 StreetScooter in diversen Ballungszentren im Einsatz.
Bereits vor einigen Jahren stand der Entschluss der Deutschen Post AG und ihrer Tochtergesellschaft DHL fest, bei der Paketzustellung zukünftig auf den Elektroantrieb zu setzen. Doch große Pkw-Produzenten hatten keine geeigneten Modelle im Angebot und waren erst recht nicht an einer gemeinsamen Entwicklung interessiert. Als die Autohersteller reihenweise abwinkten, blieb der Logistikkonzern in Sachen E-Transporter jedoch hartnäckig.
Nur wo könnte man einen kompetenten Partner finden, wenn Alteingesessene das Projekt als „zu idealistisch“ abstempeln? Natürlich in der Forschung! Genauer gesagt an der Universität Aachen, wo ein Team aus Entwicklern und Wissenschaftlern mit einem ganz individuellen Konzept das Projekt „StreetScooter GmbH“ aus dem Boden gestampft hatte. Schon 2011 hatte das Team auf der IAA seine Eigenkreation eines praktischen E-Transporters Kanzlerin Merkel vorgestellt, die lobende Worte fand. Doch auch ihnen blieb die helfende Hand der großen Hersteller verwehrt. Ein Glücksfall, wie sich später herausstellen sollte, denn schließlich fanden Logistikriese und Forschungs-Start-up zusammen. Schon 2014 wurde die GmbH durch die Post AG übernommen und arbeitete daraufhin mit Hochdruck an einer elektrischen Mobilitätslösung, die perfekt auf die Ansprüche des Paketzustellers zugeschnitten sein sollte.
Zwei Versionen des Work sind bereits im Einsatz.
Ergebnis dieser unkonventionellen Kooperation sind die Modelle „Work“ und „Work L“, die in Abstimmung mit den Zulieferern entwickelt wurden und schon jetzt etwa 3.000 Mal im Einsatz sind. Doch etliche sollen noch folgen, denn bis spätestens 2050 möchte man alle der immerhin fast 50.000 Zustellerfahrzeuge auf den Elektroantrieb umstellen. Nicht nur das Konzernimage möchte man so aufpolieren, denn durch den Austausch der alten Diesel sollen beispielsweise allein in der Stuttgarter Innenstadt pro Jahr mehrere Tonnen CO2 eingespart werden. Auch etwaig drohende Fahrverbote für unsaubere Diesel will man so umgehen und hofft hier auf einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz.
Und das Engagement bleibt nicht unentlohnt: Für das Vorzeigeprojekt der DHL-StreetScooter-Flotte gab es bereits eine nicht unerhebliche Förderung in Höhe von 9,5 Millionen Euro vom Bundesumweltministerium. Laut Konzernangaben ist der StreetScooter aktuell das größte Mobilitätsprojekt Deutschlands und damit sozusagen das liebste Förderprojekt des Umweltministeriums in Sachen E-Mobilität. Der E-Transporter könnte zumindest eine Teilantwort auf die zentrale politische Diskussion um die Stickstoffdioxidbelastung sein. Gerade die konventionellen Diesel-Maschinen der Hersteller geraten immer mehr unter Druck, während erste Staaten wie Frankreich bereits Enddaten für Verbrennermotoren festlegen und Verbote für bestimmte Diesel immer wahrscheinlicher werden.
In Zukunft will die DHL nur noch elektrisch die Pakete zustellen.
Bei der Entwicklung wurde der Kleintransporter „Work“ zunächst ganz auf die Anforderungen der DHL zugeschnitten, sodass er mit einer Zuladung von bis zu 740 kg befüllt werden kann und die Batterie mit einer Spitzenleistung von 48 kW/h für bis zu 80 Kilometer reicht. Dabei ist das Nutzfahrzeug im Unterhalt nicht teurer als ein herkömmliches Zustellerfahrzeug mit Verbrennermotor. Der Transporter, auch in der etwas größeren L-Variante zu haben, wird zwar nicht den automobilen Schönheitspreis gewinnen, doch stört das nicht, denn Praktikabilität und Funktionalität sind hier die höchsten Prämissen und besonders bei der Parkplatzsuche macht der E-Transporter dank seiner kompakten Form eine erstaunlich gute Figur.
Natürlich sind einige Kinderkrankheiten des Transporters nicht ganz auszuschließen. So kostet das Einschalten von Sitzheizung und Klima schon mal erheblich an Reichweite und auch in bergigen Gegenden tut sich der Work noch schwer. In Zusammenarbeit mit Zulieferern und Zustellern soll der E-Transporter aber immer weiter verbessert und modifiziert werden. Inzwischen ist das Modell auch für Dritte verfügbar und findet bereits bei Lieferdiensten, Handwerkern oder kommunalen Betrieben regen Anklang. In seiner Basisvariante „Work Pure“ ist der Scooter ab 32.000 Euro zu haben.
Auch Dritte können den Work ab 32.000 Euro bestellen.
Der Erfolg blieb natürlich nicht lange unbemerkt, sodass die Automobilbranche schließlich doch ihr Interesse bekundete. Mit Ford produziert die DHL-Group nun einen Work in der XL-Variante, der noch vielseitiger eingesetzt werden kann und den Bedarf des enormen Paketaufkommens decken soll. Der bereits vorgestellte, sieben Meter lange, Allround-Transporter soll schon in diesem Jahr 150 Mal eingesetzt werden und kann bis zu 200 km mit einer Batterieladung genutzt werden. Der amerikanische Traditionshersteller fungiert bei dem Modell vorerst als Zulieferer für Rahmenbau und Fahrerkabine – eine engere Zusammenarbeit will man auf beiden Seiten für die Zukunft jedoch nicht ausschließen. Anfang 2018 soll dann voraussichtlich auch der „Work XL“ an Dritte ausgeliefert werden.
Mittlerweile steigen auch andere Mitbewerber in das Geschäft der E-Mobilität ein. So will Hermes in Kooperation mit Daimler 2018 erste eigene E-Transporter testen. Das ursprüngliche Forschungsteam der StreetScooter GmbH hat mit dem e.Go Life indes bereits ein neues Projekt gefunden.
Sehen Sie den neuen DHL-Work-XL hier bereits im Einsatz:
Bild-/ Videomaterial: ©Streetscooter GmbH, Deutsche Post DHL Group